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Bräuche und Traditionen um die Rauhnächte

    Rauhnächte

    Die Rauhnächte sind schon immer eine bedeutende Zeit gewesen, weil damit die Wintersonnenwende eintrat und das erneute Wirken und Leben der Naturkräfte begann. Von dem Zeitpunkt an, wo die Sonne ihren Wendepunkt erreichte, bis zu dem Tage an welchen sie wieder vorwärts rückte, in der einen Gegend die zwölf Nächte, in der anderen Loostage, wieder in anderen Teilen Deutschlands die Rauhnächte, war unter den damaligen Menschen heilig.

    Die Rauhnächte sind der Stillstand der Natur, denn erst zwölf Nächte nach der Wintersonnenwende sieht man so endlich einen sichtbaren Fortschritt, des wiederkehrenden Lichts, der wiederkehrenden Sonne. Diese zwölf Nächte sollen den Ausgleich der fehlenden Tage im Mondjahr ausgleichen. Das Mondjahr hat 354 Tage und ein Sonnenjahr 365 – 366 Tage. Unsere Vorfahren lebten nach dem Mondjahr.

    Das nordische Julfest, das fest mit den Rauhnächten verankert ist, beruht wohl auf ein noch älteres Totenfest, das ins Urgermanentum gehört. Die kultischen Handlungen, zum Beispiel zum Gedenken der Toten und zum Segen einer reichen Ernte, sie entstanden aus einer Hilflosigkeit gegenüber der Naturgewalten, die die Rauhnächte gestalteten. Denn wir müssen eins beachten, das es das höchste Gut war, wenn es um die Ernte und das Wetter ging. Die Menschen damals lebten nicht in so einem Überfluss an Nahrung wie wir es aus der heutigen Zeit kennen. Die heutigen Rauhnächte, wo man Träume und Wünsche visualisiert, hat überhaupt nichts mehr gemein mit den Rauhnächten von damals.

    Wann genau sind die Rauhnächte?

    In manchen Gegenden wurden nur vier Rauhnächte gefeiert und zwar am 21., 24., 31., und am 6. Januar nach dem gregorianischen Kalender, den wir heute verwenden. Aber meist wurden nur die erste und die letzte Rauhnacht angedacht. In manchen Orten waren es auch die „Gebnächte“. Der Name kommt daher, weil man für den Wilden Jäger und auch den „Anklopfenden“ Essen auf dem Tisch stehen liess, wie zum Beispiel die Berchtmilch, über die ich weiter unten schreibe. Andernorts wurden auch Nudeln aufs Dach gelegt.

    Vor dem Julfest und den Rauhnächten gab es noch die sieben Nidelnächte, auch unter „Klopfnächte“ in manchen Gegenden sehr bekannt. Nidel heisst abgestandener Milchrahm und gehört wohl zu den Speiseopfer. Ursprünglich sollen es mal sieben Nächte gewesen sein und erst durch die Einwanderung der Slawen zu 12 Rauhnächten wurde. In Mecklenburg und Franken damaliger Zeit sogar zwölf Tage nach Neujahr und in Schlesien (gehört heute zum grössten Teil zu Polen) zwölf Tage vor Weihnachten. Man sieht das die Rauhnächte überall anders waren und es gibt nicht nur die einen Rauhnächte, sondern viele verschiedene, je nach Region und Jahreskreisfest. Im Christentum ist es die Thomasnacht.

     

    Rauhnächte
    12 Tage nach der Wintersonnenwende sieht man den Fortschritt des wiederkehrenden Lichts | ©CG

    Alte Bräuche zu den Rauhnächten

    In Thüringen wurden auf kleinen Erhöhungen mit Steinen, Moose und auch Rasenstücke eine Art Pyramide erbaut, wo alte Besen drin steckten. Die Besen dienten als Fackel und sie wurden während der Julzeit angezündet. Ich denke es gehört zum Besen-Aberglauben und möchte damit sinnbildlich alles Alte verbrennen um Platz für Neues zu schaffen. Wenn das Feuer erlosch, gingen die Menschen ins Tal zurück. Man muss dabei bedenken, das die Besen von damals aus Reisig bestanden und nicht so wie wir sie von heute kennen.

    In den Rauhnächten hielten im germanischen Glauben die grossen Götter, wie Odin und Frigg einen Durchzug durch das Land und griffen segnend oder strafend in das Walten und Schalten der Menschen ein. Odin durchströmte oben den Himmel und seine Gattin Frigg schaute sich die Häuser an, ob sie aufgeräumt und sauber waren.

    Die Häuser wurden mit Wasser aus heiligen Quellen besprengt. Von diesem Wasser wurde in kleinen Mengen etwas beiseite gestellt, das dann im nächsten Jahr für kultische Handlungen verwendet wurde.

    Während der Rauhnächte ruhten alle Haus- und Feldarbeiten, alle Geschäfte, alle Geräte und Ackerwerkzeug. Man brachte den Göttern Opfergaben, vorzüglich Schweine und Pferde, hielt Trinkgelage und Festessen, erleuchteten die heiligen Haine und Wälder mit Pechfackeln und Kerzen und liessen auf einem Berg gewaltige Feuer brennen, welche in diesen Ehrentagen der Hausgötter mit ihrem Schein vereinen sollte.

    Überall erscheinen Geister und Seelen in anderen Gestalten. Den umherirrenden Seelen wurden Speiseopfer dargereicht, wie zum Beispiel die Berchtmilch, eine eingekochte Milch mit harten Brötchen. Von diesem Speiseopfer lässt man die Hälfte übrig und lässt sie dann auf dem Esstisch für eine Rauhnacht stehen. Durch die Brötchenstücke ist diese Milch sehr dick und man kann den Löffel drin einstecken, so das er steht. Wenn dann am nächsten Morgen irgendein Löffel von jemanden umgefallen ist, dem geschieht Unglück im kommenden Jahr.

    Die Fussböden der Häuser wurden mit Stroh bestreut, das auch während der ganzen 12 Nächte liegen blieb. Es werden Äpfel und Nüsse im Ofen verbrannt, um die Geister zu füttern.

    Fremden Tiere darf man in dieser Zeit überhaupt nicht trauen, weil die Hexen oft Gestalt von ihnen annehmen. Sie dürfen in dieser Zeit nicht angelockt werden. Auch Hasen dürfen in dieser Zeit nicht geschossen werden, weil der Teufel in ihrer Gestalt in dieser Zeit erscheint. Wer ihn sehen will, muss sich auf eine Kuhhaut setzen.

    Es wurde Hirsebrei und Hering gegessen, um das ganze Jahr das Glück zuhalten und auch gelbe Rüben (Möhren?), um Gold zu erhalten. Bäume wurden mit Stroh umwickelt, um die beste Obsternte zu erzielen. Man merkt sehr, das die heidnischen Bräuche, christlich überdeckt wurden.

     

    Obstbaumbinden in den Rauhnächten
    Obstbaumbinden unserer Vorfahren in den Rauhnächten

     

    In den Rauhnächten sollte es still zugehen. Wenn man husten musste, so wurde in einem Eimer gehustet oder wenn die kleinen Kinder einfach nicht still sein wollten, wurden sie in einen Balg gesteckt.

    Die Häuser wurden die ganzen 12 Nächte ausgeräuchert und mit Hufeisen und Kreuzen versehen. Türen durften nicht offen stehen und wer eine Tür zuschlägt, der hat im Sommer viele Blitze zu befürchten. Es durften keine Backgeräte oder Holz vorm Ofen liegen bleiben und es durfte auch keine Wäsche hinausgehängt werden, denn sonst stirbt jemand im Haus. Daher kommt auch unser Spruch „unter Dach und Fach“!

    Der Kehricht darf nicht vor die Tür gefegt und es dürfen keine Ställe ausgemistet werden. Dadurch würde das Glück aus dem Haus gehen und man gibt den unheimlichen Mächten Macht über Haus und Hof. Aus demselben Grund verlieh man in dieser Zeit auch nichts und man gab Geliehenes zu dieser Zeit zurück. Wer das nicht tat, war eine Hexe.

    Die schmutzige Wäsche wurde nicht liegengelassen, weil man sonst krank wurde und Haare und Nägel durften nicht geschnitten werden, den das bewirkte Kopfschmerzen im neuen Jahr. Wer frühmorgens in den 12 Nächten pfiff, dem traf ein schlimmes Unglück.

    Wer Äpfel und Nüsse vom Boden aufhob, der bekam einen Ausschlag. Auch durfte im Freien nicht gegessen werden, denn dann hat man ständig Hunger im neuen Jahr.

    Wer in den ersten 3 Rauhnächten einen Stuhl rückt, sehr laut spricht oder vor dem Ausräuchern ein Licht ins Zimmer/Stall stellt, der hat bösen Zauber das ganze Jahr hindurch.

    Die Menschen in früherer Zeit banden in den Rauhnächte neue Besen, weil sie besonders gut sein sollten. Die alten Besen verbrannten sie. Sie schützen vor allerlei Hexerei und schenken dem Vieh gutes Gedeihen.

    Weissagungen und Orakel waren in den Rauhnächten sehr beliebt. Bleigiessen und Schuhwerfen wurde ausgeübt. Genauso was man in den ersten 3 Tagen der Rau(c)hnächte träumt, geht in Erfüllung. Träume der zwölf Nächte erfüllen sich in den entsprechenden Monaten des Jahres. Träumt man vor Mitternacht, so geht der Traum Anfang des Monats in Erfüllung, wenn man nach Mitternacht träumt, so geht er Ende des Monats in Erfüllung.

    Wenn Knöpfe an einem Kleidungsstück fehlen, so sagt man, das einem soviele Geldstücke in der Folgezeit gestohlen werden. Wer in der Zeit der Rauhnächte geboren ist, der sei ein Glückskind. Andererseits soll derjenige Geister sehen können.

    Im Mittelalter war die kirchliche Eheschliessung in den Rauhnächten verboten. Man glaubte wer zu dieser Zeit in eine Ehe geht, der hat kein Glück. Das Gleiche sagte man auch über die Schaltjahre.

    Die Rauhnächte eigneten sich auch dafür um den „Kalender zu machen“. Das heisst, wie das Wetter dieser Zeit massgebend für das ganze Jahr ist. Jeder der zwölf Tage bedeutet einen Monat. Wie an ihm das Wetter ist, so wird es im entsprechenden Monat sein. Am 6. Januar entscheidet es sich dann, ob dieser Kalender von Gültigkeit ist. Ist es am 6. Januar trocken so ist dieser Kalender gültig, gibt es Schnee oder Regen, so erweist sich der Kalender ungültig.

    Ein alter Brauch aus dem 16. Jahrhundert, für die Rauhnächte, könnt ihr hier nachlesen. Diesen finde ich besonders schön.

     

    Die Rauhnächte im Christentum

    Die Rauhnächte waren in ganz Europa eine Spuk- und Geisterzeit, aber wohl erst seit die Germanen so langsam zum Christentum hinübergingen. Im Christentum werden die Rauhnächte die Zwölften, die 12 Nächte oder auch die Heiligen Nächte genannt. Man sieht es schon an dem Wort „Nacht“, das es ursprünglich ein alter Brauch aus dem Heidentum ist, weil das Christentum nicht in Nächten zählt. Im 19. Jahrhundert wurde viel mit Weihrauch und Speick das Haus und die Ställe ausgeräuchert, um vor den Göttern geschützt zu sein, die einmal Haus und Stall gesegnet haben. Der Wilde Jäger wurde im Mittelalter zum wütenden Heer und Odin zum Teufel, der mit viel Geschrei und lauten Hundegebell durch die Lüfte flog und vor dem man sich schützen musste, weil er jedem der ihm im Weg stand etwas Böses antut.

     

    wilde jagd rauhnächte
    Die Wilde Jagd steht sinnbildlich für die Winterstürme | ©CG

    Die Rauhnächte im heidnischen Glauben

    Es wurden Efeu- oder Mistelkränze an die Bäume gehangen. In Norddeutschland wurden speziell in dieser Zeit Brezeln gebacken. Sie sind ein Sinnbild des germanischen Sonnenrades. Eine andere schöne Tradition ist das Bekränzen von altheidnischen Opfersteinen. Tannenzweige wurden ins Haus geholt, als Andeutung der wiederkehrenden Macht des Frühlingsgottes. Äpfel und Nüsse symbolisieren Zeichen der zeugenden Kraft. Die Gaben am damaligen „Weihnachtsbaum“, galten ursprünglich Odin. Sie galten als Fruchtopfer. Die Vergoldung der Früchte ist ebenfalls germanische Opferverzierung.

     

    Rauhnächte Opfersteine
    Das Bekränzen von altheidnischen Opfersteinen war im Volksglauben fest verankert | ©CG

     

    In der ersten Rauhnacht öffnen sich die Pforten der Unterwelt, wer da hineintritt, kommt erst nach 30 Jahren wieder heraus und man meint nur eine kurze Zeit dort verbracht zu haben. In den 12 Rauhnächten wurde in früherer Zeit sehr viel orakelt. Diese Nächte verkörperten für die Menschen was Mystisches. In diesen Nächten ist alles möglich und man sollte Fenster und Türen bei Dunkelheit fest verschliessen. Denn die Göttin Frigg/Holle schwirrt durch die Lüfte mit ihren 9 Kinderseelen, genauso Odin mit seinem Totenheer.

    Odin gibt seinem Pferd Sleipnir so die Sporen, dass das Pferd schon Blutstropfen auf die Erde fallen lässt und daraus entstehen dann 9 Monate später unsere Fliegenpilze. Daher kommt auch unser Brauch zum Jahresende, der Fliegenpilze und Hufeisen aus Marzipan oder Schokolade zu verschenken. Die kleinen rosa Schweinchen kommen von der Göttin Holle, die auf einem Wildschwein durch die Lüfte braust. Je mehr der Wilde Jäger durch die Lüfte jagt, umso fruchtbarer wird das Jahr.

     

    Ein kleines Orakel zu den Rauhnächten

    Ein kleines Orakel zu den Rauhnächten möchte ich euch hier vorstellen. Dazu nimmt man 9 kleine Hütchen und legt sie umgedreht auf den Tisch. Unter diese Hütchen kommen:

    • Ring (Heirat)
    • Geldbeutel (Reichtum)
    • Schlüssel (gr. Anwesen)
    • Kamm (Ungeziefer)
    • kl. Püppchen (Elternfreude)
    • Tuch (Trauer)
    • Bündel (Wandern)
    • Rosenkranz (Frömmigkeit)

    Ein Hütchen bleibt leer und steht für den Tod. Es werden jeweils 3 Hütchen aufgedeckt und das was da unter ist, dass zählt für das kommende Jahr. In diesem Orakel sieht man den christlichen Einfluss mal wieder und auch das es aus dem Heidentum kommt, anhand der Hütchen und die Zahl 9, die der Germanen heilig war. Odin trägt einen Hut, mit dem er sich unter die Menschheit begibt.

    Mit welchen Pflanzen wird in den Rauhnächten geräuchert?

    Räucherungen waren zu dieser Jahreszeit sehr beliebt. Geräuchert wurde mit der Kohle von dem verbranntem Holz vom Ostersamstag. Wenn nun das ganze Haus und der Stall ausgeräuchert wurden, so durfte niemand was fallen lassen. Meist nahmen die Menschen Speickwurzeln (Valeriana celtica/eine Art Baldrian) und Weihrauch/Fichtenharz. Dazu wurden Gebete gesprochen, um Hexen und böse Geister zu vertreiben. In der neumodernen Zeit wird mit Beifuss, Wermut, Holunderholz, Eibe, Schlehenholz, Mistel, Fichtenharz und Wacholder geräuchert. Auf Weihrauch sollte man heutzutage verzichten, weil es den Bäumen schlecht geht.

    Wenn ihr euch extra für die Rauhnächte einen kleinen Altar einrichten möchtet, dem möchte ich folgenden Artikel empfehlen | Für die Rauhnächte einen Altar einrichten

    Ich habe ein kleines Tagebuch für die Rauhnächte online gestellt, zum kostenlosen Herunterladen. Ihr könnt darin eure ganz persönlichen Rauhnächte aufschreiben. Rauhnacht zu Rauhnacht. Wem es interessiert findet es hier | Tagebuch für die Rauhnächte | Einkehr in die mystischen Nächte

    Ich finde, es ist eine schöne Zeit, um zu innerer Einkehr zukommen und sich bei einer Tasse Kräutertee und einem guten Buch drauf zu besinnen, wie man in das neue Jahr starten möchte. Für kleine Brettspiele, Tarot, Orakel und auch Rituale ist jetzt die Zeit gekommen. Einfach zur Ruhe kommen, aus dem Alltagstrott des alten Jahres,

    eure Katja


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