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Der Blutwidderdienst | Ahnengeflüster

    Der Blutwidderdienst von der Familie Stainer

    Viele meiner Vorfahren kommen aus Salzburg in Österreich, wo sie hunderte Jahre für ihren evangelischen Glauben „kämpften“. In meiner Familienforschung bin ich nun auf einen 12x Urgrossvater, namens Hans Stainer, gestossen, dessen Söhne nach seiner Hinrichtung im Jahr 1566 den Blutwidderdienst auferlegt bekommen haben, der noch bis ins Jahr 1811 anhielt. Im 16. Jahrhundert herrschte die Reformation in den damaligen Dörfern rund um Salzburg. Auch mein 11x Urgrossvater Hans Stainer gehörte dem evangelischen Glauben an. Salzburg war und ist heute noch katholisch, darum kann man sich vorstellen, was das für Unstimmigkeiten innerhalb der Gegend gesorgt hat. Aber fangen wir von vorne an.

     

    Hans Stainer, der Rädelsführer

    Hans Stainer ist ca. 1520 auf Hof Stain in Bischofshofen | St. Johann im Pongau geboren. Sein genaues Geburtsdatum kann man leider nicht mehr erforschen, weil die dortigen Kirchenbücher erst später anfangen. Er lebte mit seiner Frau Katharina Plattner und drei Söhnen (Valentin, Sebastian und Bartholomäus) auf Hof Stain in Bischofshofen in St. Johann im Pongau. Diesen ansehnlichen Hof hatte er von seinen Eltern Andreas Stainer und Barbara NN übernommen. Die Familie Stainer kann auf diesem Hof bis vor 1420 zurückverfolgt werden. Mein ältester Vorfahre dort, müsste so 1380 herum geboren sein. Es waren Bergbauern.

    Im Jahr 1565 hatte Hans Stainer mit seinem Bekannten Wilhelm Egger zum Bauernaufstand aufgerufen. Um die Kommissare dieser Zeit abzuhalten, riefen sie die Bauern auf, Widerstand zu leisten. Sie verrammelten die Wege, gaben Schüsse ab und läuteten die Wetterglocken, um die Bauern, auch in der umliegenden Gegenden aufzufordern sich ihnen anzuschliessen. Leider erst da merkten sie, dass sich nicht soviele Bauern an diesem Aufstand beteiligten. Vergebens, und die, die mitmachten reichten nicht, um den Bauernaufstand aufrechtzuerhalten. Daher mussten Hans und Wilhelm flüchten. Wilhelm Egger floh mit seinem Sohn auf eine höhergelegene Bergalm, wo er später festgenommen wurde. Egger wurde nach seiner Verurteilung hingerichtet, durch Enthauptung, wie auch später Hans Stainer. Mein 12 x Urgrossvater Hans Stainer floh daraufhin nach Wildenstein. Er wurde durch damalige Zeugen im Salzkammergut gesichtet.

    Hans Stainer wurde am 5. Juli 1566, durch Verrat festgenommen und in diesem Jahr durch Enthauptung in Salzburg hingerichtet. Nach seiner Hinrichtung wurde seiner Frau und den drei Söhnen (siehe oben) Hof Stain weggenommen, den sie dann überraschenderweise 1570 zurückerhielten, aber nur unter der Bedingung den Blutwidderdienst zu leisten. Sebastian starb 1572 und Bartholomäus (mein 11 x Urgrossvater) verzichtete auf den Hof und ging in die Flachau (St. Johann im Pongau/Salzburg). Valentin übernahm den Hof und musste daher den Blutwidderdienst leisten.

    Almhütte im Salzburger Land |©Martin B.

     

    Der Blutwidderdienst

    Dieser Blutwidderdienst bestand darin zwei Widder mit einem rotgefärbten Wolltuch zu bedecken und bis nach Salzburg zu treiben. Die rote Farbe der Wolltücher symbolisierten den roten Umhang des Bischofs. Sozusagen musste ein Opfer jährlich gebracht werden. Diese Bedingung bestand bis 1811. Danach legte man es bei.

    Wenn man bedenkt diese Geschehnisse sind 458 Jahre her und heutzutage kräht kein Hahn mehr danach und für meine Vorfahren muss es sehr grausam gewesen sein. Zumal meine Urgrossmutter wohl zusammen mit ihren Kindern die Enthauptung ihres Mannes mit ansehen musste. Fast 200 Jahre später mussten meine Vorfahren wieder für ihren Glauben kämpfen und worden 1732 aus ihrer Heimat Salzburg vertrieben. Bei diesen Unruhen, die 1732 dort aufkamen, war wieder ein Urgrossvater von mir, als Rädelsführer, dabei. Sein Name war Hans Gassner. Er wurde in einen Kerker geworfen. Über ihn schreibe ich demnächst einen neuen Artikel. Was ich daran bemerkenswert finde, ist, das nach fast 200 Jahren unter den Rädelsführern auch ein Stainer vom Hof Stain auftritt; auch er kam in den Kerker und verliess seine Heimat nach Ostpreussen in eine ungewisse Zukunft. Sein Vater Rupp Stainer, 75 jährig begleitete seinen Sohn. Man muss sich die Strecke vorstellen von Salzburg bis nach Ostpreussen; heute Kaliningrad.