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Zwieselbäume | Die Durchziehkuren unserer Vorfahren

    Zwieselbäume sind Bäume, die eine natürliche Vergabelung an Stämmen, Ästen oder am Wurzelwerk aufweisen. Diese Vergabelung diente unseren Urgrosseltern für Durchziehkuren bei verschiedenen Krankheiten. Meistens wurden kranke Kinder hindurchgezogen. Die Zwieselbäume mussten nach ihren Glauben natürlich entstanden sein. Solche Bäume waren heilig für die damaligen Menschen. Es gab aber auch heilkundige Menschen, die dünne Bäumchen aufschlitzten und nach dem „Ritual“ wieder zusammenbanden. Dafür wurde Haselbast oder das Hemdchen des kranken Kindes verwendet. Das Durchkriechen durch sogenannte Zwiesel half sogar beim hexen und zaubern. Noch 1950 hat man in Winkel am Rhein diese Durchkriechkuren angewendet, also gar nicht sooo lange her und ein Historiker hat 1918 geschrieben, dass es noch in so manchen Gegenden „mittelalterliche Schatten ruhen“ und man dort noch viele Dinge, alte Überbleibsel längst vergangener Zeiten vorfindet.

    Welche Bäume wurden verwendet?

    Meistens waren es die Eiche, Esche, Hainbuche, Birke, Weide, Holunder und oftmals die Kirsche. Aber auch die Hagebutte, sowie die Brombeere, wenn sie an beiden Enden in die Erde angewachsen war. Der Kranke kroch und ging durch die Zwiesel oder wurde eben durchgeschoben. Dabei wurden Segensformeln aufgesagt. Der beste und heilbringende Zeitpunkt war bei abnehmenden Mond oder auch bei Sonnenaufgang oder Untergang. Orte für diese rituellen Durchkriechkuren waren der Kirchhof (in späterer Zeit), im Wald (wo die meisten Zwieselbäume vorkommen) und Kreuzwege. Speziell für Brüche wurden im Wald, Eichen und Weiden zum Spalten verwendet.

    Man glaubte, dass die Krankheitsdämonen auf die Baumseelen übergingen. In manchen Regionen dachten die Menschen dabei an eine Wiedergeburt oder an die Wirkung des Abstreifens der Krankheit, durch das Hindurchkriechen. Wenn man dieses Ritual beendet hatte, legte man Kupfermünzen, als Opfer, neben den Zwieselbaum oder hing geknüpfte Fäden oder Bänder an diesen. Manchmal wurden diese Bäume auch gefällt und diese Vergabelungen abgesägt, um einen „mobilen“ Zwieselbaum direkt im Haus und Stall zuhaben. Ein solches Holzstück wurde dem Schutzgeist des Hauses, der Familie, gedeutet. Wohl etwas, das einen geisterhaften Ursprung hatte und mit übernatürlichen Kräften versehen war. Sie wurden auch für Krankheiten der Haustiere gebraucht.

    Mobiler Zwieselbaum
    Eine abgetrennte Vergabelung eines Zwieselbaums

     

    Viele Krankheiten plagten die damaligen Menschen

    So gut wie wir es heutzutage haben, mal einfach zum Arzt gehen, konnten unsere Vorfahren nicht. So griffen sie eben auf solche ungewöhnlichen Hilfsmittel zurück. Wir schmunzeln heutzutage über solchen Vorgehensweise, für unsere Vorfahren war es bitterer Ernst und viel Leid mussten sie erfahren. Diese Durchkriechkuren wurden meistens vollzogen, gegen Rückenprobleme, Knochen- und Leistenbrüchen, Gicht, Hautkrankheiten, Rachitis, Verkrüppelungen, Epilepsie oder auch den Bösen Blick und andauernde krankhafte Zustände.

     

    Ein Tatsachenbericht aus dem Jahr 1801

    Eine alte Frau erzählte im Jahr 1801 aus ihrer Jugend. Sie wäre kurz nach ihrer Heirat krank geworden, und alle hätten geraten, sie solle die „kluge Frau“ auf Himmerland (Dänemark) um Hilfe fragen. Das tat sie am Ende auch. Die Frau gab ihr ein Rezept für die Apotheke und einen schmalen Papierstreifen mit sieben Einschnitten, an denen einige unleserliche Buchstaben standen. Jeder Schnippsel war ungefähr so gross wie eine halbe Briefmarke. Sie sollte dieselben essen, einen nach dem anderen, jede Nacht zwischen Mitternacht und Tagesanbruch, bis alle verzehrt waren, und Donnerstagnacht müsse sie damit anfangen. Danach müsse sie durch einen Ring von drei Weidenästen, die gestohlen waren, schlüpfen. Natürlich solle sie es nackt tun, dreimal durch den Ring, den sie nirgends anrühren durfte, und der nachher verbrannt werden musste. Alles sollte zudem unter tiefem Schweigen vor sich gehen. Alles geschah wie befohlen, die Frau wurde gesund und ist in ihrem ganzen Leben nie wieder auf die Weise krank gewesen.

     

    Jäger verloren ihr Jagdglück

    Der Jäger musste sich in acht nehmen, dass er im Wald nicht unter vom Wind gefällte Bäume hindurch ging, denn dadurch konnte er sein Jagdglück verlieren. Jäger und Fischer konnten, sowie ihre Gerätschaften, verzaubert werden. Wo das der Fall war, mussten sie einen kleinen, schlanken Ebereschenbaum im Wald aufsuchen. Seine Äste mussten abgehauen werden, und der Stamm „wider die Sonne“ gedreht und mit dem oberen Ende in die Erde befestigt werden, wodurch ein Bogen gebildet wird. Durch diesen mussten Jäger oder Fischer, ihre Flinte oder Netze mit sich schleppend, rückwärts kriechen.

    Umgestürzter Baum im Wald
    Umgestürzter Baum im Wald | ©CG

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