Der Hohlzahn ist eine Wildpflanze für den Naturgarten. In diesem Artikel möchte ich euch diese schöne Wildpflanze vorstellen. Er ist in der heutigen Zeit völlig in Vergessenheit geraten und wird meistens als lästiges Unkraut angesehen, wobei unter ihm wirkliche hübsche Arten gibt, wie der Bunte Hohlzahn, den ich jeden ans Herz legen kann, ihn in dem eigenen Garten anzusiedeln. Man sieht ihn auf dem Titelfoto, mit seinen kunterbunten kleinen lustigen Blüten. Er fällt immer sofort auf zwischen den anderen Pflanzen und versprüht eine gewisse Heiterkeit, wenn man ihn sieht. Eine sehr freundliche Pflanzenseele.
Bei Funden des Hohlzahns in der Archäologie soll er als Indiz dafür genommen werden, dass dort Menschen gesiedelt haben. Es gibt viele verschiedene Hohlzähne, die an ihren Ansprüchen und Verwendung aber alle gleich sind, wobei der Gelbe Hohlzahn der wirksamste Vertreter unter ihnen sein soll. In früheren Zeiten wurde dieser Wildpflanze sehr grosse Heilkräfte zugesprochen, so dass vielerlei Schwindel und Betrug mit ihr gemacht wurde. Ähnlich wie mit der Alraune. Daher der volkstümliche Name Schwindlerkraut. Andere Namen im Volkstum sind Blutkraut und Hanfnessel, wie auch die Brennessel heisst.
Der Gelbe Hohlzahn wurde früher Grossblumige Hanfnessel genannt. Dieses Wildkraut war sehr kostbar und wurde nach dem Mähen aus dem Gras gesammelt und an die Apotheken verkauft für gutes Geld für die damalige Zeit. Manchmal wurde er sogar in Gärten gezogen, um ihn eben zu verkaufen. Der Hohlzahn, über den heute niemand mehr spricht, war früher mal sehr wertvoll.
Vorkommen in der Natur
Der Hohlzahn ist eigentlich überall in der Natur zu finden. Hier in MV kommt er mir sehr oft vor die Kamera, ausser der Gelbe Hohlzahn. Seine Lieblingsplätze sind Felder und Schuttplätze, da fühlt er sich besonders wohl.
Seine Blütezeit ist von Juli bis September. In diesen Monaten erscheinen wunderschöne Blüten in weissgelb, weiss und auch rose, je nach Art. Die gängisten Hohlzähne hier bei uns in Deutschland sind der Gelbe Hohlzahn (Galeopsis segetum), der Bunte Hohlzahn (Galeopsis speciosa), der Acker-Hohlzahn (Galeopsis ladanum), der Weichhaarige Hohlzahn (Galeopsis pubescens) und der Stechende Hohlzahn (Galeopsis tetrahit).
Naturschutz & Insekten
Einige Arten stehen leider schon auf der Roten Liste (2018). Der Gelbe Hohlzahn steht auf der Vorwarnstufe und der Acker-Hohlzahn steht schon auf Stufe 2. Also nur noch eine Stufe und er ist vom Aussterben bedroht. Die anderen Arten sind nicht gefährdet, aber auch mit diesen sollten wir vorsichtig umgehen, denn sie könnten die nächsten sein.
Sumpf- und Weidenmeisen sammeln die Hüllen, sogenannte Klausen, wo der Samen drin sitzt, für ihre Vorräte. Bienen und Hummeln sind oft gesehende Besucher der Hohlzähne.
Verwechslung mit anderen Pflanzen
Hohlzähne können beim Sammeln mit den Taubnesseln verwechselt werden. Ansonsten sind sie sehr markant. In diesem Jahr (2024) werde ich mal ganze Pflanzen und vorallem den Stängel abfotografieren und hier einstellen.
Anbau im Naturgarten & Verwendung
Der Hohlzahn liebt einen sonnigen Standort, aber auch Halbschatten nimmt er hin. Wenn man ihn im Garten kultiviert, sollte man beachten, dass er sehr verbreitungsfreudig ist. Wenn man das nicht möchte, sollte er nach der Blüte entfernt werden oder man sammelt rechtzeitig seine Samen. So hat man es ein wenig unter Kontrolle und vermehrt ihn selber. In meinem Naturgarten wächst der Stechenende und der Bunte Hohlzahn. Wobei ich aus Erfahrung schreiben kann, dass der Bunte Hohlzahn sich nicht so stark verbreitet, wie eben der Stechenende. Ansonsten sind es ziemlich problemlose Wildpflanzen; auch bei Trockenheit. An meinen Hohlzähnen konnte ich keinen Schneckenfrass beobachten; auch nicht an Jungpflanzen. Er liebt Sandboden, wächst aber in jeder Art von Erdreich. Im damaligen Finnland glaubte man, wenn der Bunte Hohlzahn aus der Erde kam, musste die Gersteaussaat bald fertig sein.
Ernte & Trocknung
Gesammelt wird der Hohlzahn in seiner Vollblüte zwischen Juli bis August. Dafür nimmt man das oberirdische Kraut; ca. handbreit über den Erdboden abschneiden. Das Sammelgut sollte in dünnen Schichten zügig oder auch gebündelt aufgehangen getrocknet werden.
Verwendung…
…in der Küche
Die Blüten finden oftmals Verwendung als Dekoration auf Salaten. Er kann aber auch zu Suppen und Eintöpfen gegeben werden.
…im Haushalt
Seine Fasern wurde in früherer Zeit für die Seilherstellung verwendet. Genauso wurde die ganze Pflanze abgekocht und als Waschmittel genommen. Zum Reinigen von Geschirr wurden die Wurzeln verwendet, darum heissen sie manchen Gegenden auch Spülwurzen.
…in der Tierhaltung
Alle Hohlzahnarten sind ausgezeichnete Honigpflanzen.
Der Hohlzahn in der Volksheilkunde
In einem Buch aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert habe ich folgenden Text über den Hohlzahn gefunden. Was ich dabei sehr lustig fand, steht im letzten Absatz. So hat man damals wohl gedacht.
Dr. Lejeune in Verviers (1810) empfahl den Hohlzahn bei allen Erkrankungen der Atmungsorgane. Lejeune lernte Hohlzahn als angesehenes und wirksames Volksmittel in den Ardennen kennen. Auch in Hufelands Journal der praktischen Heilkunde (1795-1841) und in Baldringers Magazin für Ärzte (1775-1778) wurde vielfach auf die Heilkraft von Hohlzahn bei ernsten Lungenerkrankungen aufmerksam gemacht. 1792 erwähnt auch der Stiftsvicar Martenstock, dass Galeopsis (Hohlzahn) in den Rheingegenden als Volksmittel bei Schwindsucht gebraucht werde, und, da es hauptsächlich bei Blankenheim wächst, als Blankenheimer Tee verkauft würde. Berühmt wurde aber erst der Hohlzahn, als von einem Regierungsrat Lieber in Kamberg (Nassau) ein teures Geheimmittel als Lieber’sche Auszehrungskräuter verkauft wurde. So lange das Geheimmittel in Kraft war, waren die „Lieber’schen Kräuter “ wirksam und ein Allheilmittel bei Schwindsucht, als aber ein Apotheker Wolf in Limburg a . d . Lahn es durch Untersuchung als Gelben Hohlzahn feststellte, und der Apotheker Stein in Frankfurt a . M. sogar die Pflanze direkt aus Samen, die er in den Originalpaketen fand, zog und endlich die preussische Regierung bekannt machte, dass die Lieber’schen Auszehrungskräuter nur aus Hohlzahn beständen und den 10. Teil des Preises kosteten, verschwand der Nimbus und der Glaube an die Wirksamkeit. In Deutschland muss etwas ausländisch, so ein bisschen französisch oder amerikanisch, unklar und teuer sein, um zur Geltung zu kommen. Stammt eine solche alte Weisheit aus einem sogenannten „amerikanischen Kräuterbuch“, so werden auch heute noch Wucherpreise bezahlt.
Heutzutage gehört diese Wildpflanze zu den vergessenen Heilkräuter, weil ihn keiner mehr verwendet. Was sehr schade ist, weil er uns bei Entzündungen der oberen Atemwege, Husten, Wunden, Heiserkeit, Lungenerkrankungen und auch Appetitlosigkeit Linderung verschafft. Seine Eigenschaften reichen von wundheilend, entzündungshemmend, krampflösend, zusammenziehend, schleimlösend, auswurffördernd und eben appetitfördern.
Da wir am meisten mit Erkältungen und auch Heiserkeit zutun haben, habe ich hier zwei Hausmittel dafür aufgeschrieben. Man kann mit dem Hohlzahn, aber auch ein Gurgelwasser, Hautöle und Umschläge herstellen.
Tee-Zubereitung
2 TL getrocknetes Hohlzahnkraut
1 Tasse Wasser
Das kochende Wasser über das Kraut giessen und für ca. 20 Minuten (damit sich die Kieselsäure löst) zugedeckt ziehen lassen und abfiltern. Nach Bedarf mit Honig süssen. Bei Heiserkeit und Husten können 2 bis 3 Tassen täglich getrunken werden. Umschläge lindern Beschwerden bei Hautproblemen.
Hustensaft
2 Handvoll Hohlzahnblüten
Zucker
Die Hohlzahnblüten werden mit dem Zucker in einem Einmachglas geschichtet. Ähnlich wie bei der Zubereitung des Spitzwegerichsirups. Zum Schluss wird alles noch mal ein bisschen heruntergepresst. Dann wird das Ganze mit abgekochtem Wasser aufgefüllt, so das es ca. 1-2 cm über dem Blüten-Zucker-Gemisch steht. Dann wird das Glas verschlossen oder mit einem Leinentuch bedeckt und für 4 bis 6 Wochen in einen kühlen Raum gestellt. Nach der Ziehzeit wird es erhitzt und zum Sieden gebracht. Abfiltern und in geeignete Flaschen oder Gläser füllen. Der Hustensaft wird kühl gelagert und bei Husten oder Heiserkeit kann man ihn teelöffelweise zu sich nehmen.
Räucheranwendung & Volksglauben
Ich habe eine Hohlzahn-Räucherung kennengerlernt, um Lügen aufzudecken. Sie macht uns auch empfänglich beim Vortäuschen von Gefühlen. Die Pflanzenseele bringt Klarheit und wehrt Lug und Betrug ab.
Im Volksglauben trug man auf der Brust ein Beutelchen mit getrocknetem Hohlzahn, um vor List und Tücke geschützt zu sein.
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