Der Garten der Ahnen: Totenblumen, Symbolik & alter Glaube

Friedhofstor

 

Der Garten der Ewigkeit: Stille, Andacht und alte Gräber

Über den Friedhof zu schreiben oder zu erzählen, ist immer mit zweierlei Gefühlen bedacht. Wobei es schöne Orte der Stille und Andacht sind. Eines meiner größten Hobbys ist die fotografische Dokumentation von Friedhöfen, für die Ahnenforschung. Bei meinen vielen Fototouren ist mir bei den richtig alten Grabmälern die Frage aufgekommen: Was pflanzten denn unsere Vorfahren auf ihre Gräber?

Darum habe ich mal nachgeschaut, ob ich was finde. Es ist nicht viel, aber einige Pflanzen habe ich gefunden und ihre Bedeutung in der alten Friedhofskultur.

Früher wurden Pflanzen ausgesucht, die eine Bedeutung hatten oder sich im Verhältnis mit dem Toten befanden. Dieses alte Wissen ist leider durch die Zeit verloren gegangen und heutzutage kommen Pflanzen auf die Gräber, die sozusagen durch die Gärtnereien vorgegeben werden und dadurch alle Gräber gleich aussehen.

Wenn wir uns auf heimische und nicht wuchernde Wildkräuter konzentrieren, werden wir sehen, wie schön ein Grab werden kann.

Schutz der Ruhestätte: In manchen Gegenden pflanzte man rund um den Kirchhof Dornenhecken oder den Hecken-Kälberkropf, um böse Geister abzuwehren. Friedhöfe lösten dann irgendwann die Kirchhöfe, als Grabstätte ab, weil sie zu voll wurden. Nur noch höhergestellte Menschen oder die, die zu Lebzeiten viel der Kirche gespendet haben oder bestimmte Bereiche in der Kirche renovieren ließen, wurden direkt in der Kirche beerdigt.

Ein Kindergrab in Mecklenburg-Vorpommern
Ein Kindergrab in Mecklenburg | ©CG

Von Totenblumen und Weihwasserwedeln

An erster Stelle steht natürlich der Buchs. Meistens werden mit ihm die Gräber umrandet, als Hecke, sozusagen als Abgrenzung. Früher waren in Bayern Buchsbaumzweige die Weihwasserwedel, die neben der Totenbahre gewedelt wurden. Der Buchs als Totenbuchs ist der römisch-christliche Gegensatz zum Rosmarin.

  • Rosmarin: Der Rosmarin gehört zu den Kräutern, die Abschied und Trauer symbolisieren, daher kann sein Platz auf einem Friedhof sein.
  • Ringelblume: Die gelbe Ringelblume hat bis heute ihren volkstümlichen Namen „Totenblume“ behalten, weil sie in früheren Zeiten auf die Gräber gepflanzt wurde. Sie stand wohl für die Erlösung. Erst als ihre Heilwirkung unter der Bevölkerung bekannt wurde, wurde sie in den heimischen Gärten kultiviert. Dieser Brauch kommt aus Mexiko, wo die gelbe Tagetes auf Gräbern gepflanzt wurde.

Wächter der Schwelle: Eibe, Holunder und Wacholder

  • Die Eibe wird auch Totenbaum genannt. Sie wächst sehr langsam, aber dafür groß. Genauso der Lebensbaum (Thuja). Er gehört neben dem Buchs und der Eibe zu den alten Friedhofspflanzen. Es rührt wohl daher, weil diese Pflanzen immergrün sind und so das ewige Leben verkörpern. Aber auch an ihrem eigentümlichen Geruch machte man es fest, dass sie auf den Friedhof kamen.
  • Holunder: Der Holunder war früher sehr oft auf alten Kirchhöfen vertreten. Vereinzelt sieht man ihn heute noch am Rande stehen. Der Holunderbaum diente als Abwehr böser Mächte.
  • Efeu: Zu den immergrünen Pflanzen gehört natürlich auch der Efeu. Efeubedeckte Gräber sind wunderschön.
  • Wacholder: Der Wacholder ist natürlich der Friedhofsbaum überhaupt, aber da er groß wird, sollte man es vorher mit der Friedhofsverwaltung absprechen, ob man ihn anpflanzen kann. Er ist das Tor zwischen Leben und Tod. Durch ihn kommen die Verstorbenen manchmal ins Leben zurück, um unter uns zu weilen.
Altes Grabkreuz
Altes Grabkreuz | ©CG

Rosen, Farne und das Licht der Seele

Früher wurden weiße Rosen am Kopfende und Farne am Fußende des Grabes gepflanzt. Leider habe ich es nicht herausbekommen, warum es so war. Ich kann mir vorstellen, da die Rose stachelig ist, dass es mit dem Abwehrzauber zu tun hatte und der Farn birgt Geheimnisse in sich.

Auch Lavendel nahm man für die Grabbepflanzung und auch die Weinraute. Beide Pflanzen stehen auch für die Abwendung von allem Bösen im Alten Glauben.

Pflanzen für Kindergräber: Das Immergrün war sehr beliebt, gerade auf Kindergräbern. Es ist auch wunderschön anzusehen mit seinen lilafarbenen Blüten und dazu ist es völlig problemlos zu pflegen. Diese Pflanze symbolisiert das ewige Leben und hält negative Energien von dem Verstorbenen ab. Kleinen Kindern wurde ein Kranz aus Immergrün geflochten und mit in den Sarg gelegt. Über das Immergrün habe ich einen extra Artikel geschrieben, weil es über dieses hübsche kleine Pflanzenwesen so viel zu berichten gibt: Das Immergrün: Totenblume, Liebesorakel & Schutzmagie

Kränze für den Übergang und Symbole der Liebe

Aus der Espe wurden Kränze geflochten und aufs Grab gelegt oder um das Kreuz gehängt. Dieser Brauch sollte den Übergang ins Totenreich für den Verstorbenen erleichtern.

Veilchen & Gänseblümchen: Das Veilchen und das Gänseblümchen haben auch eine lange Tradition auf Gräbern. Das Veilchen steht für die Liebe und die Hoffnung, das Gänseblümchen für die Liebe der Mutter für ihr Kind.

  • Hauswurz: Den Hauswurz pflanzte man damals reichlich nicht nur auf Dächern, sondern auch auf Gräbern. Denn auch er steht für die Abwehr jeglicher Schadenergien.
  • Chrysanthemen: Auch Chrysanthemen stehen dafür und kamen ungefähr Ende des 17. Jahrhunderts in Deutschland auf.
  • Grünkohl: Früher wurde tatsächlich Grünkohl noch bis ins 19. Jahrhundert, als Grabeinfassung gepflanzt.
  • Mohn & Nelken: Der Mohn steht für das ewige Leben und ist sehr schön anzusehen auf Gräbern. Die Weiße Lichtnelke und auch die Pechnelke standen symbolisch für die Freundschaft, die Treue und die Liebe.

Das Stiefmütterchen: Ein kleiner Klassiker

Und zu guter Letzt natürlich das Stiefmütterchen. Diese niedliche Pflanze ist der Klassiker auf Gräbern. Wenn man es pflanzen möchte, sollten es nicht diese großen Stiefmütterchen sein, sondern die kleinen heimischen Wildpflanzen, wie das Acker-Stiefmütterchen und das Wilde Stiefmütterchen.

Sie sind sehr klein gegenüber dem „Baumarkt-Stiefmütterchen“, das weite Reisen zu uns nehmen muss, um im Endeffekt auf dem Müll zu landen. Von den Wilden Stiefmütterchen sollte man ein paar Pflänzlein zusammenpflanzen, damit sie besser zur Geltung kommen, da ihre Blüten doch recht klein sind.

Ein warmes Bett für den Winter: Heimische Pflanzenwesen

Was ich selber sehr schön finde, ist, wenn man heimische Pflanzenwesen auf das Grab pflanzt, wie die Schlüsselblume, die Herbstzeitlose, Haselwurz oder auch den Andorn.

Und wisst ihr, warum man Gräber am Anfang des Winters mit Tannengrün abdeckt? Damit die Verstorbenen es warm im Winter haben. Ich finde diese Vorstellung sehr schön und sie zeigt die Nähe zum Verstorbenen.

Dieses Tannengrün solltet ihr im Wald sammeln. Natürlich dürft ihr es nicht von den Nadelbäumen schneiden, aber es liegt reichlich unten auf dem Waldboden. Wenn ihr euch vorher die Erlaubnis vom Förster holt, so könnt ihr auch Tannengrün von den Bäumen schneiden. Meistens sind die Förster sehr kulant, zumal man für ein Grab auch nicht so viel Tannengrün benötigt.

Lasst eurer Fantasie freien Lauf und achtet nur darauf, dass ihr keine Pflanzen auf Gräber setzt, die zu groß werden oder neigen zu wuchern. Nicht dass die anderen Gräber rundherum beeinträchtigt werden. Und denkt daran, es ist der Garten für die Ewigkeit eurer Vorfahren.


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